ProAkaziengarten e.V.

Ökologische Bedeutung

Der Akaziengarten wies über viele Jahre hinweg trotz seiner Lage inmitten mehrerer Hauptverkehrsstraßen einen für eine innerstädtische Parkanlage hohen Biotopwert auf. Dies hatte er vor allen Dingen seinem dichten Baumbestand mit vielen Altbäumen, zahlreichen Strauch- und Heckenflächen sowie verwilderten Teilbereichen (vor allem Fliederberg und östliche und westliche Randbereiche) zu verdanken, die wertvolle Rückzugsmöglichkeiten für Vögel und Kleinsäuger bildeten.

In seinem Baumbestand von etwa 44 Arten fanden sich zahlreiche Bienentrachtpflanzen (z. B. Robinien, Sommerlinden, Feldahorn, Kirschpflaume) sowie weitere Bäume, die aufgrund ihrer Früchte für die Ernährung von Vögeln und Kleinsäugern bedeutsam sind (z. B. Maulbeerbäume, Eichen, Rotbuchen, Walnussbäume). Der recht hohe Altbaumbestand sowie die Maulbeerbäume boten aufgrund von Stamm- und Asthöhlungen sowohl für höhlenbrütende Vögel als auch für Eichhörnchen und Fledermäuse bedeutende Nist- und Rückzugsmöglichkeiten.

Siedlungsdichteuntersuchungen  des NABU von 1989 bis 1992 zeigten ein für ein städtisches Gebiet überdurchschnittliches Spektrum von insgesamt 44 Vogelarten, darunter 20 - 24 Revierbesitzer und 8 Rote Liste-Arten. In der Untersuchung wurde trotzdem darauf hingewiesen, dass der Einfluss der menschlichen Nutzung auf die Funktion des Parks als Lebensraum für Pflanzen und Tiere sehr groß ist, was sich auch darin zeigt, dass die gesichteten Rote Liste-Arten die Parkanlage fast ausschließlich mit Gast-Status aufsuchten, jedoch nicht dort brüteten. Nach Einschätzung des NABU wirken sich neben der menschlichen Übernutzung auch die hohe Zahl freilaufender Katzen sowie Pflegemaßnahmen, die ein Aufkommen blütenreicher Vegetation verhindern und so zu einem verminderten Insektenvorkommen führen, negativ auf die Vogelwelt aus. Bereits im Rahmen dieser Studie wurden Heckenneupflanzungen im Kernbereich des Parks zu einer Verbesserung des Biotopwerts für Vögel empfohlen.

Zur Zeit des Bebauungsplanverfahrens 2004 wurde nochmals eine durch das Hessische Immobilienmanagement beauftragte faunistische Untersuchung durchgeführt, anhand derer beurteilt werden sollte, ob mit dem geplanten Bauvorhaben ein erheblicher Eingriff in die Natur stattfände. Dabei wurden nur noch 27 Vogelarten gezählt, von denen 14 Arten als regelmäßige Brutvögel im Park bestimmt wurden. Hier mag ein tatsächlicher Rückgang der Artenzahl durch das zunehmende Verschwinden von Heckenstrukturen zugrunde liegen, sehr wahrscheinlich ist allerdings auch, dass durch die geringere Anzahl von lediglich drei Kontrollgängen nicht alle vorkommenden Vogelarten entdeckt wurden.

Neben Vögeln und Eichhörnchen beherbergt der Akaziengarten noch weitere Tierarten, darunter Fledermäuse (Abendsegler und Zwergfledermaus), Spitzmäuse und Igel. 

Darüber hinaus finden sich Vorkommen der seltenen Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium), die nach BArtSchV besonders geschützt ist und mit Kategorie 3 – „gefährdet“ – in der aktuellen Roten Liste der Pflanzenarten in Deutschland geführt wird.

In den letzten Jahren sind im Akaziengarten die meisten Sträucher und Heckenstrukturen durch unüberlegte Pflegemaßnahmen verschwunden, und die Bäume leiden unter einem starken Vitalitätsproblem, das durch die letzten beiden Hitzesommern noch verstärkt wurde und zu einem starken Rückgang des Baumbestands und der Altbäume geführt hat (siehe "Aktuelles"). Zwar mag das dadurch entstehende Totholz in den Bäumen für höhlenbrütende Arten wir Spechte, Meisen und Stare eine temporäre Zunahme an Nistmöglichkeiten bedeuten, durch die insgesamt starke Verlichtung, die außerdem zu einer verstärkten  Austrocknung des Bodens und der Wiesenflächen führt, ist allerdings von einer negativen Auswirkung auf die Vogel- und restliche Tierpopulation auszugehen. 

Da zum Erhalt der Artenvielfalt mittlerweile auch den Städten eine wichtige Funktion zukommt, muss der Akaziengarten als Lebensraum für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten dringend erhalten und Maßnahmen zu seiner ökologischen Wieder-Aufwertung getroffen werden. 

Neben der Bekämpfung des Baumsterbens sind der Erhalt und die Wiederanpflanzung dorniger Sträucher und zusammenhängender Heckenstrukturen dringend nötig. Außerdem kann über eine Anpassung der Wiesenmahd und die Herausnahme einzelner Fläche aus der Mahd eine blütenreiche Wiesenflora als Nahrungsgrundlage für Insekten gefördert werden, die wiederum die Nahrungsgrundlage zahlreicher Vogelarten sowie von Fledermäusen, Spitzmäusen und Igel darstellen.

Da der stark frequentierte und gepflegte Parkinnenbereich mit erhöhtem Verkehrsaufkommen generell einen für Tiere eher schwierigen Standort darstellt, sind gerade die weniger gepflegten Randbereiche im Osten und Westen der Anlage sowie der Fliederberg von großer Bedeutung und müssen erhalten werden. Eine Reduzierung dieser Bereiche einhergehend mit einem erhöhten Nutzungsdruck, wie dies z.B. im Falle der einstmals geplanten Bebauung geschehen wäre, würde nicht nur eine konkrete Verkleinerung des Lebensraums einzelner Tierarten bedeuten und zu einer Verminderung der Individuenzahl führen, sondern auch die gesamte Anlage an den Rand ihrer ökologischen Tragfähigkeit bringen, so dass sie ihre Biotopfunktion nicht mehr erfüllen könnte.

 
 

Soziokulturelle Bedeutung

Der Akaziengarten liegt im Darmstädter Verlags- bzw. Verlegerviertel, das im Jahr 2002 noch einen erhöhten Sozialindex aufwies, so dass hier laut Sozialatlas "im präventiven Sinne Handlungsbedarf bestand". Im Jahr 2013 war der Sozialindex in den Bereich des städtischen Durchschnitts geklettert, unter anderem durch den vermehrten Zuzug studentischer Bewohner. Allerdings verzeichnete auch die Bevölkerungsdichte im Quartier seit dem Jahr 2000 einen enormen Zuwachs um 66,8% auf 59,7 EW/ha (Dez. 2016), während Grünflächen und Freiräume keinen entsprechenden Zuwachs aufweisen können. 

Der Akaziengarten stellt mit knappen 6 ha die größte Grünanlage im Bezirk. Seine Fläche ist dabei größer als die Gesamtfläche der übrigen, städtischen Grünanlagen Albert-Schweizer-Anlage, Landgraf-Phillips-Anlage und Ingelheimer Garten. Die Versorgung mit öffentlichen Grünanlagen liegt im Verlagsviertel bei knapp 5m²/EW und damit unter dem städtischen Durchschnitt sowie dem laut Landschaftsplan anzustrebenden Wert von 11,5m²/EW. Der Akaziengarten erfüllt somit auch vor dem Hintergrund der Stadtentwicklung wichtige Funktionen für die städtische Lebensqualität und ist als Quartiersgrün von großem Wert.

In erster Linie von Wohnbebauung umgeben, bietet er für Menschen aller Altersstufen einen wohnungsnahen Erholungs- und Begegnungsraum, dient dem Ausführen von Hunden und stellt insbesondere für die Kinder des Quartiers einen wertvollen naturnahen Erlebnisspielraum dar, der auf kurzen Wegen erreichbar ist. 

Auch für die Gesundheit der umliegenden Bevölkerung kommt dem Akaziengarten eine wichtige Bedeutung zu. Denn neben ihrem Beitrag, gesundheitsschädliche Umwelteinflüsse wie Luftschadstoffe, Lärm oder Hitze zu mildern, ist mittlerweile die positive gesundheitliche Wirkung von Grünanlagen durch ihre aktive sowie passive Nutzung empirisch belegt, weshalb das Thema Gesundheitsvorsorge durch Freiraumentwicklung zunehmend ins Zentrum der Aufmerksamkeit kommunaler Stadtentwicklung rückt. Dabei wird dem städtischen Freiraum besonders für das gesunde Aufwachsen von Kindern sowie für eine hohe Lebensqualität im Alter eine große Bedeutung beigemessen. So weisen mehrere repräsentative Studien eine positive signifikante Korrelation zwischen der körperlichen, geistigen und sozialen Gesundheit der Bevölkerung und dem Grünflächenanteil im Wohnumfeld nach, wobei sich bereits das Bewusstsein, in einer grünen Umgebung zu wohnen oder zu arbeiten, förderlich auf die Gesundheit auswirkt. 

Neben dem nachgewiesenen positiven Einfluss eines grünen Wohnumfelds auf die kognitive Entwicklung von Stadtkindern, hat der Akaziengarten für Kinder einen besonderen Wert, da diese seine „verwilderten“ Randbereiche und den Fliederberg als naturnahen Erlebnisspielraum nutzen können. Gerade in den heutigen, zunehmend verdichteten Städten finden sich kaum noch unstrukturierte, nicht funktionalisierte Freiräume und Brachflächen, auf denen Kinder direkte Naturerfahrung erleben und frei von Vorgaben und Reglementierungen spielen können. Da dies jedoch für die physische und psychische Entwicklung von großer Bedeutung ist, und herkömmliche, mit Spielgeräten versehene Spielplätze diese Bedürfnisse nur unzureichend erfüllen können, rücken naturnahe Freiräume zunehmend ins Bewusstsein von Planern und Verantwortlichen. Während sie andernorts extra angelegt werden, sind im Akaziengarten entsprechende Flächen sowie ihre Nutzung bereits vorhanden.

Die große Bedeutung des Akaziengartens als vielseitigem Erlebnisspielraum für die Kinder der näheren Umgebung zeigte sich auch im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens 2004, vor dessen Hintergrund die Kinder eigenständig Unterschriften gegen die geplante Bebauung sammelten und sogar die Kindernachrichtensendung „Logo!“ einluden, die dann in einem Fernsehbeitrag über ihre Angst vor dem Verlust ihres Spielraums berichtete.

Somit sind sowohl der gestaltete und gepflegte Innenbereich als auch die Randbereiche für den Wert als Quartiersgrün von Bedeutung .

 
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Stadtklimatische Bedeutung

In den letzten beiden Sommern mit ihren ausgedehnten Hitzeperioden war auch in Darmstadt deutlich zu spüren, wie wichtig das Stadtklima für Leben und Gesundheit in den Städten ist, und welche Bedeutung gerade in Hinblick auf den Klimawandel stadtklimatischen Fragestellungen zukünftig zukommen muss. Für die Regulierung des Stadtklimas spielt sowohl die Sicherung von Kalt und Frischluftentstehungsgebieten als auch die Freihaltung von Zu- und Abflussbahnen von Kalt- und Frischluft eine zentrale Rolle.

Wichtige Kalt- und Frischluftentstehungsgebiete sind für Darmstadt vor allem die Waldflächen im Osten der Stadt. Eine mittlere Bedeutung haben der Westwald und die landwirtschaftlichen Flächen im Westen. Da Darmstadt durch die flache Ebene im Westen und die Anstiege zur Mathildenhöhe, zum Oberfeld und den Ausläufern der Bergstraße in einem halben Talkessel liegt, entstehen Kaltluftströmungen in Form von Flurwinden in erster Linie entlang der Hanggefälle aus östlichen Richtungen. Bis in den Westen der Stadt dringen diese Luftströmungen jedoch nur selten durch.

Daher ist eine ausreichende Versorgung des Westens von Darmstadt mit Grünflächen wichtig, da diese neben ihrer Leistung zur Verbesserung der Luftqualität zum einen selbst zur Produktion von Kaltluft beitragen und zum anderen als Luftleitbahnen Frischluft aus den in Hauptwindrichtung liegenden westlichen Waldgebieten in die Stadt leiten können, sofern keine Barrieren dazwischen liegen.

Hier erfüllt der Akaziengarten als innerstädtische Grünanlage im Westen Darmstadts eine wichtige Rolle für das Stadtklima, indem er selbst Kalt- und Frischluft produziert und in die nähere Umgebung abgibt. Auch könnte er gemeinsam mit der Schepp Allee Teil einer Frischluftschneise bis in innerstädtische Bereiche sein, wenn diese nicht inzwischen durch bauliche Barrieren verstellt wäre.

Den größten abkühlenden Effekt auf das Stadtklima haben Grünanlagen, die aus einer Mischung aus Großgehölzen und Sträuchern, die in Gruppen im Wechsel mit offenen Rasen- oder Wiesenflächen angeordnet sind, bestehen. Damit diese auch möglichst weit in die Umgebung ausstrahlen können, sollten sie nur eine geringe Rahmenbegrünung sowie Schneisen aufweisen, durch die die kühle Luft ausströmen kann.

Von Bedeutung für die klimaregulierende Funktion des Akaziengartens sind daher in erster Linie sein hohes Grünvolumen sowie der Wechsel von gruppierten Gehölzen und freien Wiesenbereichen im Parkinneren, wodurch eine deutliche Temperaturabsenkung bewirkt wird. Nachteilig auf den klimatischen Effekt wirkt sich hingegen die umrandende Lazarettbebauung aus, da sie den kühlenden Luftstrom in die Umgebung vermindert. Von Vorteil sind hier die von Bebauung freien Flächen im Osten und Südosten der Anlage sowie die breiten Ausfahrten, die als Luftschneisen fungieren. Auch ist die erhöhte Lage des Fliederbergs förderlich, da die dort produzierte kühle Luft entlang der Hänge in die Umgebung abfließen kann. 

Will man die Abkühlungseffekte des Akaziengartens für die Umgebung möglichst effektiv nutzen, ist daher von einer zusätzlichen Bebauung der Randbereiche abzuraten, während vielmehr Überlegungen angestellt werden sollten, wie eine erhöhte Strömungsdurchlässigkeit der Ränder erzielt werden kann, um die klimaregulierende Wirkung für die umgebenden Flächen zu erhöhen.

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